Mitarbeiterzeitung – Warum Print nicht digital sein muss

  1. 1. Einleitung
  2. 2. Gutes Corporate Publishing braucht Macher
  3. 3. Zwei Voraussetzungen, um attraktiv zu sein
  4. 4. The Medium is the message
  5. 5. Journalistische Fähigkeiten erforderlich
  6. 6. Eine gute Mitarbeiterzeitschrift ist kein Hexenwerk

1. Einleitung

Geradezu eine Sinnkrise durchleben derzeit die Mitarbeiterzeitung und das Mitarbeitermagazin. Und ginge es nur um die Fragen der Aktualität, Schnelligkeit und Kosten, dann wären sie gegenüber dem Intranet längst zur Bedeutungslosigkeit verdammt.

Die Mitarbeiterzeitung als klassisches Informationsmedium wird allmählich oder ist bereits von den digitalen Medien abgelöst. Doch behält die Mitarbeiterzeitschrift ihre Existenzberechtigung, wenn sie ihre Stärken als Hintergrundmedium und Inszenierungsplattform ausspielt. Print wird umso erfolgreicher, je mehr sich die Leser*innen auf eine Langsamkeit in der Wahrnehmung einlassen können. Diese Intensität entsteht aber nur dann, wenn die Macher ihr Produkt mit viel „Liebe“ hergestellt haben – sowohl beim Inhalt als auch in der Form. Dann ist es auch weniger eine Frage des Alters beim Zielpublikum, sondern eine Frage der emotionalen Ansprache.

2. Gutes Corporate Publishing braucht Macher

Eine Mitarbeiterzeitschrift hat eine hohe integrative Kraft innerhalb eines Unternehmens. Voraussetzung: Sie spricht die relevanten Themen an, beleuchtet Kontroverses von verschiedenen Seiten und lässt die Belegschaft sprechen. Dann ist es auch eine Frage der Qualität und Professionalität. Erst der Informations- und Nutzwert macht eine Mitarbeiterzeitung beziehungsweise ein Mitarbeitermagazin für den Leser wertvoll. Die Begleitung von Corporate-Change-Prozessen – der Wandel von Organisationsstrukturen und Unternehmenskulturen – wird zur zentralen Aufgabe des Mitarbeitermagazins. Außerdem haben informative und verständliche Grafiken sowie die richtige Auswahl der Fotos entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz. In der Flut der alltäglichen Informationsreize bleiben oft nicht mehr als drei bis vier Sekunden, in denen potenzielle Leser*innen entscheiden, ob sie ein Medium in die Hand nehmen oder nicht – und dabei stehen interne wie externe Medien in Konkurrenz.

3. Zwei Voraussetzungen, um attraktiv zu sein

Bei Print geht es in der Internen Kommunikation um deutlich mehr als um reine Information – nämlich um Identität, Orientierung, Anerkennung und Wertschätzung: Mein Unternehmen lässt es sich was kosten, damit ich ein persönliches Heft bekomme und gut informiert bin. Die Mitarbeiterzeitung (MAZ) erzeugt emotionale Bindung, wenn sie im Büro oder in der Werkstatt liegt. Jeder der Kolleg*innen kann sie in die Hand nehmen und darüber sprechen. Dazu kann man die MAZ mit nach Hause nehmen. Robert Sperl, früherer Chefredakteur des Trendmagazins The Red Bulletin aus dem Red Bull Media House, empfindet ein Printmagazin dann „sexy“, wenn es zwei Voraussetzungen erfüllt: „Es muss mich einmal zum schnellen Durchblättern animieren und zweitens mit seinen Themen und seiner Aufmachung fesseln, es in die Hand zu nehmen und zu lesen, wenn ich Zeit und Muße habe“. Dass ein zumeist digitaler Medienkonzern wie Red Bull heute immer noch ein Printprodukt in vier Sprachen mit einer Gesamtauflage von rund 2,2 Millionen Exemplaren herausgibt, unterstreicht den hohen Stellenwert von Print.

Eine aktuelle Befragung (2019) von Kammann Rossi und der SCM – School for Communication and Management zum Mitarbeitermagazin der Zukunft zeigt: Das gedruckte Mitarbeitermagazin ist mit 82,9 % immer noch der Platzhirsch bei den Veröffentlichungsformen und liegt damit klar vor Online (52,3 %). Weit abgeschlagen und entgegen einer früheren Prognose setzen aktuell nur 4,2 % der Befragten eine Mitarbeiter-App zur Distribution ihrer MAZ ein. Wie 2017 von der Mehrheit der Befragten erwartet, erscheint der Großteil (82 %) der Mitarbeitermagazine noch immer in periodischer Form. Trotz digitaler Konkurrenz bleibt Print damit ein unverzichtbarer Bestandteil der Internen Kommunikation.

4. The Medium is the message

Gut gemachte Medien verfügen über eine emotionale Ansprache-Qualität: Der amerikanische Kommunikationswissenschaftler Marshall McLuhan (1967) sagt: “Menschen nehmen nicht nur wahr, was kommuniziert wird, sondern auch wer es kommuniziert und vor allem wie er es tut.” Damit wird klar: Ein pdf ist keine Alternative zum Original-Produkt und dient lediglich der Archivierung. Auch das Konzept eines E-Magazins hat andere Qualitäten und ist damit kein Ersatz zum Printprodukt, wenn dessen Stärken gefordert sind. Wie kaum ein anderes Medium kann die Mitarbeiterzeitschrift durch Verdichtung und Herausarbeiten der zentralen Aussagen komplexe Sachverhalte auf einfache Art darstellen und erklären. In diesem Sinn nimmt die Mitarbeiterzeitschrift eine wichtige Übersetzungsfunktion ein: Sie schafft Bezüge, reduziert die Komplexität, verbessert die Transparenz und schafft Verständnis für Zusammenhänge. „Die Themen der Unternehmen lassen sich heute nicht mehr nur mit der Beziehung von Gütern und Geld erklären“, sagt der deutsche Kommunikations- und Designberater Prof. Dr. Peter Zec. „Es geht heute vor allem um die Inszenierung einer authentischen, begeisternden und emotional ansprechenden Kommunikation.“

5. Journalistische Fähigkeiten erforderlich

Die Mitarbeiterzeitschrift hat journalistischen Gesetzmäßigkeiten zu folgen und diese umzusetzen. Noch zu oft werden in Mitarbeiterzeitschriften die verschiedenen Beiträge unmotiviert hintereinandergestellt, Artikel kaum strukturiert oder immer die gleiche Sprachform verwendet. Resultat ist ein spannungsloses Heft mit wenig Leserattraktivität. Die Führung der Mitarbeiterzeitschrift wird nicht dem Bauchgefühl der Projektleitung oder Chefredaktion überlassen, sondern setzt einen strategischen Auftrag im Rahmen der Internen Kommunikation um. Glaubwürdigkeit ist dabei das kostbarste Gut. So belegen Yale-Studien bereits in den 60er-Jahren, dass unter den Massenmedien journalistische Formate die höchsten Glaubwürdigkeitswerte erzielen. Und daran hat sich bis heute wenig geändert. Mitarbeitermagazine sind so gesehen Nachahmerprodukte: Je erfolgreicher sie suggerieren, ein journalistisches Erzeugnis zu sein, desto überzeugender können sie wirken. Dabei müssen sie sich freilich an journalistischen Maßstäben messen lassen: Transparenz, Objektivität, Authentizität (= Übereinstimmung von Reden und Handeln). Die größten Killer sind: Lügen, Verschleiern, Manipulieren und eine Schönwetter-Kommunikation.

6. Eine gute Mitarbeiterzeitschrift ist kein Hexenwerk

Letztlich ist es eine einfache Rezeptur, die ein Mitarbeitermagazin oder eine Mitarbeiterzeitschrift erfolgreich machen:

  • Die Auseinandersetzung mit der Zielgruppe, denn Mitarbeiter*in ist nicht gleich Mitarbeiter*in. Jede*r einzelne hat ganz spezifische Interessen und kulturelle Hintergründe. Ein spannender Inhalt und eine lebendige Sprache fordern zum Lesen auf.
  • Informative und verständliche Grafiken sowie die richtige Auswahl der Fotos haben entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz. Die redaktionelle Auswahl von Bildern und die Gestaltung von Grafiken muss ein eigenständiger Prozess in der Hefterstellung sein. Diesen rechtzeitig anstoßen – nicht erst kurz vor Redaktionsschluss.
  • Keine Berührungsängste mit der digitalen Welt – das Intranet als Feedback-Plattform nutzen.
  • Professionalität in der Gestaltung (Typografie, Bildkonzept, Layout) aber auch die haptische Qualität (Verarbeitung, Papier, Format) sichern Punkte bei den Leser*innen.
  • Wichtig ist auch der Verteilungsgrad: Die unterschiedlichen Zielgruppen müssen schnell und zeitgleich das Heft in der Hand halten.
  • Regelmäßige Wirkungsanalysen und Benchmarks machen fit im Wettbewerb mit den internen Medien und erhalten die Professionalität. Instrumente sind hier: Topic Radar, Barometer, Feedback-Rubriken, Befragungen oder externe Awards.

Und doch fehlt häufig eine Strategie

Erstaunlich: Gerade bei Neulancierungen von Mitarbeiterzeitschriften werden vorab die Erwartungshaltungen der Mitarbeiter*innen nur selten in Erfahrung gebracht. Zu sehr konzentrieren sich die Macher auf die Erarbeitung eines neuen Layouts oder eines neuen Bildkonzepts. Ein Aufwand, der das Produkt zwar hübscher verpackt und zum Teil viel kostet – am Ende die Ziele der IK aber nur wenig unterstützt. Das gilt im Übrigen auch für so manche Mitarbeiter-Apps, die mehr auf Bespaßen als auf inhaltsorientierte Kommunikation setzen.

 

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